Tante Trude aus Buxtehude

Ach ja, alle hier zu sehenden Clips sind von dem YouTube-Channel "Nostalgiefilme", ein wahrer Quell der Lebensfreude - unbekannterweise hier auch ein herzliches Dankeschön!
So jetzt aber mal los zu den Tanten, schließlich weiß man: "Jeder hat doch irgendwelche Verwandte, 'ne Tante oder 'nen Onkel oder sowas...". Diese ausgesprochen intelligente Äußerung ist von Gerda, die mit ihrer Freundin Karin auf den Weg zu einem Anwalt ist, denn schließlich soll sie etwas vererbt bekommen von ihrer (ihr selbst weitgehend unbekannten) Tante Trude.
Und Tante Trude war 'ne Gude, hat sie ihr doch tatsächlich eine Million DM vererbt! Zugegebenerweise ein Betrag, über den FDP-Wähler heutzutage nur milde lächeln können (außer er soll für Hartz-IV-Empfänger sein), der aber nicht nur mich, sondern auch Gerda und Karin sicherlich verzücken würde - und prompt sind die beiden Girlies verzückt!
Denn wir schreiben das Jahr 1971 und sowohl Gerda (Elisabeth Krogh) als auch Karin (Mascha Gonska) verdienen ihr Geld nicht beim Schulmädchenreport (auch wenn sie die passenden Figuren haben), sind also immer klamm, genauso wie ihre besten Freunde und Möchtegerndetektive Rudi (Rudi Carrell) und Moritz (Ilja "Selbst-in-der-Sahel-Zone-würden-die-Einheimischen-Lebensmittelspenden-für-mich-sammeln" Richter) - da kommt 'ne Million nicht völlig ungelegen.
Dummerweise sind in dem vermeindlichen Geldkoffer, der ihnen überreicht wird, nur olle Klamotten von Tante Trude und da sich keinerlei für Wäsche-Fetischismen begeistern kann, werden diese kurzerhand verscheuert. Blöd, dass die nicht ganz so fantastischen Vier kurze Zeit später erfahren, dass in einem der gleichaussehenden Mäntel ein Schlüssel zu einem Schließfach eingenäht ist (um... hüstel... die Steuer zu bescheißen) und der Betrag innerhalb einer Woche abgeholt werden muss, da sonst Essig,
Da das Drehbuch eh bisher schon ein Hort der Logik war, heißt es logischerweise auf nach Kitzbühel, denn dahin sollen die Kleider verkauft worden sein - und zwar an keinen Geringeren als an den Boutiquenbesitzer Toni Hinteregger alias Schnulzenträllerer Chris Roberts! Und unpassenderweise singt er auch gleich sein erstes Ständchen namens "Troubadour der Liebe", dass überhaupt nicht zur Handlung passt und den üblichen Schleimtext bietet, aber erstaunlich groovig daherkommt!
Und die Suche nach den Kleidern wird natürlich als billiger Vorwand für öde Gags und lauen Slapstick genommen. Außerdem darf Ilja Richter wieder den Ladyboy geben und in Frauenfummel herumlaufen, denn als Putzfrau kann er sich ja leichter in das Zimmer einer Schauspielerin hineinschmuggeln, die auch einen der Mäntel gekauft hat. Und prompt verliebt sich ein depperter Hotelangestellter in ihn und will ihm im Schwimmbad das Schwimmen beibringen, was natürlich nur ein Aufhänger für noch mehr schlechten Slapstick ist. So weit, so schlecht...
Doch dann schlägt der Trashpegel höher und der Wahnsinn bricht aus: Eine auf kindlich getrimmte, knapp am neudeutschen Kinderpornographie-Anscheinsparagraphen vorbeischlitternde Sängerin namens Ramona trällert "Alles was wir woll'n auf Erden" mit einer Stimme, die klingt als ob man einen von Vader Abrahams Schlüpfen kastriert hätte, und einer Tanzperformance, die aussieht als ob sie noch einen Vibrator stecken hätte, der unter Starkstrom gesetzt wurde. Unbelievable... aber seht selbst:
Und irgendwie scheint dies ein Startschuss zu sein, denn Gags, Sprüche und Gesangseinlagen werden noch abtruser - deswegen hier gleich ein paar erlesene Beispiele:
- Mördergag: Ein Ober gießt mit einer winzigen Kanne einer Frau Milch in den Kaffee und fragt "Alles rein?". Als sie dies bejaht, versenkt er die Kanne gleich mit in die Kaffeetasse.
- Mörderspruch: Moritz rast auf Skiern einen Strommast um, schleift diesen mit und wirft ihn von sich mit den Worten "Ich bin doch kein Energieträger"
- Mördergesang: Um seinen guten ersten Eindruck gleich mal zu vernichten trällert Chris Roberts ein Lied über einen Hasen, der als Spanner unterwegs ist.
Darüber hinaus taucht noch B-Movie-Bösewicht-Legende Herbert Fux als Gangster auf, es gibt ein paar völlig abstruse Pseudo-Gags mit einem Skelett, bei denen der Drehbuchautor wohl ein paar Eierliköre zuviel gekippt hatte, ein paar Pornodialoge ("Soll ich mich frei machen? Wie hätten Sie es denn gerne Herr Doktor?"), ein Hauch von Nudity und alle Männers dürfen nochmal in Tantchens Kleider schlüpfen - Gayfaktor galore! "Höhepunkt" dabei dürfte die Gesangs- und Tanzeinlage von Moritz alias Elias Richter sein, der "Ich möchte Barfuss über den Broadway tanzen" trällert.... öhm... ja.
Tja, was soll man dazu sagen? "Tante Trude aus Buxtehude" ist natürlich ein weiteres billig zusammengeschustertes Produkt aus dem Hause Franz Josef Gottlieb, dem Leo Kirch des Schlagerfilms, dem wir auch Werke wie "Wenn die tollen Tanten kommen" und "Rudi, benimm dich" zu "verdanken" haben und bietet dementsprechend eine Anreihung von miesen Jokes, unlustigen Slapstick und gruseligen Gesangseinlagen, wobei letztere einen Hauch besser als bei anderen Streifen dieser Art zu sein scheinen.
Der abstruse Plot wird ansonsten überraschend flott vorangetrieben und in Sachen Ausstattung der Darstellerinnen und Darsteller hatte jemand sogar Geschmack - da verwunderts nicht, dass der Film sogar eine Erwähnung auf einem Modeblock geschafft hat. Ilja Richter und Herbert Fux zeigen außerdem Ansätze von Schauspielerei. Hinzu kommt, dass es sogar ca. 0,5 % Pointen gibt, über die man versehentlich lachen kann - was ja für dieses Genre fast schon ein Ritterschlag ist!